Im Falle der Scheidung einer gemischten Ehe unter Beteiligung eines italienischen Ehepartners und einem Staatsbürger eines anderen EU-Staates sind zunächst zwei Fragen zu klären:
1.Die internationale Zuständigkeit des Gerichts, d.h. welches Gericht in welchem Land ist für die Ehescheidung zuständig?
2.Welches nationale Recht ist anzuwenden, wenn die Ehescheidung in Italien durchgeführt werden soll?
Um diese Rechtsproblematik einer einheitlichen Lösung zuzuführen, hat die europäische Union die zwei folgenden Verordnungen erlassen, die von allen Mitgliedsstaaten der EU angewandt werden.
Der erste Komplex wird durch die EG Verordnung Nr. 2201/2003 vom 27.11.2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen geregelt.
Nach Art. 3 dieser Verordnung sind für die Ehescheidung bzw, Trennung der Ehepartner die Gerichte des Mitgliedstaates zuständig,
a) in dessen Hochheitsgebiet
– beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder zuletzt hatten, sofern einer von Ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
– der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
– im Fall eines gemeinsamen Antrages einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder
– der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt seit mindestens einem Jahr unmittelbar vor der Antragsstellung hat oder
– der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt mindestens 6 Monate unmittelbar vor der Antragsstellung hat und Staatsangehöriger des betreffenden Mitgliedstaates ist.
b) dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten besitzen.
Für das Vereinigte Königreich und Irland gibt es davon abweichende Sonderregelungen.
Grundsätzlich werden die in einem Mitgliedstaat der EU ergangenen Entscheidungen auch in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf.
Der zweite Komplex wird durch die EG Verordnung 1259/2010 vom 20.12.2010 zur Durchführung einer verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und -trennung anzuwendenden Rechts geregelt.
Art. 5 dieser Verordnung eröffnet dem Ehepaar die Möglichkeit, das auf die Ehescheidung oder die Trennung ohne Auflösung der Ehe anzuwendende Recht durch Vereinbarung zu bestimmen, sofern es sich um das Recht der in Art, 5 der Verordnung benannten Staaten handelt.
Es kann sich hierbei um das Recht des Staates handeln, indem beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder zuletzt hatten, sofern ein Ehegatte dort noch lebt oder das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Rechtswahl besitzt bzw. das Recht des Staates des angerufenen Gerichts.
Die Vereinbarung der Rechtswahl kann jederzeit vor dem Scheidungsantrag geschlossen und geändert werden, dies gegebenenfalls auch noch im Laufe des Scheidungsverfahrens, wenn das Recht des Staates des angerufenen Gerichts dies so vorsieht.
In Ermangelung einer Rechtswahl unterliegt die Ehescheidung oder -trennung dem Recht des Staates, in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder zuletzt gemeinsam hatten und einer der Ehegatten dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Andernfalls hängt das anzuwendende Recht von der Staatsangehörigkeit beider Ehegatten ab bzw. vom Recht des Staates des angerufenen Gerichts.
Die Materie ist nicht ganz einfach und muss im Einzelfall ausführlich analysiert werden, da die vorgenannten EG Verordnungen eine Vielzahl von speziellen Regelungen enthalten.